Editorial

Marianne Koller

Liebe Leserinnen und Leser

2023 war ein bemerkenswertes Jahr für die Stiftung Waldheim. Ein spannendes Jahr, das sowohl von Kontinuität als auch von Veränderung geprägt war. Im Frühjahr übernahm Rebecca Salokat von Werner Brunner das Amt der Geschäftsleiterin und Ende Jahr trat Luana Maffeo die Nachfolge von Lionel Monnet als Heimleiterin des Wohnheims Schönenbüel an. Gleichzeitig feierte die Stiftung Waldheim ihr 80-jähriges Bestehen.

Das Jubiläum war Anlass für eine Standortbestimmung: Wo steht die Stiftung Waldheim und wo will sie hin – in Zeiten, die sich immer schneller ändern und mit ihnen die Rahmenbedingungen. Vor allem aber konnten wir innehalten und mit ein wenig Stolz auf acht Jahrzehnte zurückblicken, in denen die Stiftung Waldheim vieles bewegt hat. Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung haben heute viel mehr Wahlmöglichkeiten. Sie sind aktiv in der Arbeits- und Freizeitgestaltung und verwirklichen ihre eigenen Vorstellungen.

Das Jahr 2023 stand auch im Zeichen des Wandels, ohne den es keine Weiterentwicklung gibt. Die Anforderungen und Bedürfnisse in unserem Umfeld ändern sich, auch die der Klientinnen und Klienten sowie jene der Mitarbeitenden. Wir müssen das Tempo halten oder – besser – einen Schritt voraus sein. Deshalb hat der Stiftungsrat gemeinsam mit der Geschäftsleitung einen wegweisenden strategischen Kurs bis ins Jahr 2027 festgelegt. Gemeinsam wurden sieben strategische Schwerpunkte definiert, welche die Grundlage für die zukünftige Ausrichtung der Stiftung Waldheim bilden. Dies beinhaltet sowohl kurzfristige als auch langfristige Massnahmen, die in verschiedenen Arbeitsgruppen gesteuert und umgesetzt werden. Damit können wir flexibel und vorausschauend auf neue Trends und Strömungen reagieren, ohne dabei die langfristige Vision aus den Augen zu verlieren.

Trotz diverser Höhepunkte, welche die Stiftung Waldheim im Berichtsjahr erleben durfte, bleibt die finanzielle Situation aufgrund der generellen Kostenentwicklung eine grosse Herausforderung. Erste Massnahmen haben ihre Wirkung erzielt, sodass wir zuversichtlich sind, nach Umsetzung von weiteren Schritten gut aufgestellt in die Zukunft blicken zu können.






Marianne Koller-Bohl
Stiftungsratspräsidentin



Rebecca Salokat

Lagebericht







Rebecca Salokat
Geschäftsleiterin

Es ist mir eine grosse Freude, Sie erstmals als Geschäftsleiterin der Stiftung Waldheim zur Lektüre unseres Jahresberichtes willkommen zu heissen. Auf den folgenden Seiten möchten wir Ihnen einen Einblick in die vielfältigen Aktivitäten, Erfolge und Herausforderungen der Heimat für Menschen mit Handicap geben.

Unsere Mission besteht darin, eine integrative und unterstützende Umgebung für Menschen mit geistiger, psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung zu schaffen. Das bedeutet: Ein familiäres Zuhause mit liebevoller Atmosphäre, Betreuungspersonen, die ihre Aufgaben kompetent und mit Hingabe erfüllen, Wohn- und Tagesstrukturformen, welche den höchsten Anforderungen gerecht werden und schliesslich auch Tätigkeiten, mit denen individuelle Fähigkeiten gefördert und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.

Auslastung sicherstellen

Seit der Übernahme des Reithofs Rüti im Jahr 2022 besteht dieses Zuhause aus insgesamt 203 anerkannten Wohnplätzen. Jeder einzelne davon ist einzigartig und massgeschneidert, um den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen des Menschen, der darin lebt, gerecht zu werden. Im Berichtsjahr lag die Auslastung praktisch analog zum Vorjahr bei durchschnittlich 96.7%. Diese Zahl bewegte sich in der Jahresmitte durch verschiedene Faktoren wie beispielsweise mehrere Todesfälle auf deutlich tieferem Niveau.

Umso erfreulicher zeigte sich in der zweiten Jahreshälfte ein signifikanter Anstieg der Nachfrage nach unseren Wohnheimplätzen. Insgesamt sorgte diese positive Entwicklung dafür, dass das Jahr letztendlich mit einer stärkeren Nutzung der verfügbaren Wohnkapazitäten abgeschlossen werden konnte.



Arbeitgeber-Attraktivität festigen

Damit wir dieser ungebrochenen Nachfrage und dem damit verbundenen Vertrauen in unsere Institution gerecht werden können, müssen wir auch in Zukunft auf kompetente und einfühlsame Mitarbeitende in der Betreuung, in den Ateliers, in den zentralen Diensten und in der Verwaltung zählen können.

Die Stiftung Waldheim hat sich, was den Personalstand betrifft, in den vergangenen Jahren hervorragend entwickelt. 331 Mitarbeitende (= 257 Vollstellen) sind heute für die mehr als 200 Klientinnen und Klienten mit hohem Engagement im Einsatz. Wichtig ist uns auch eine tiefe Fluktuationsrate innerhalb der Belegschaft, um die nötige Beständigkeit gewährleisten und das umfassende Wissen der Mitarbeitenden beibehalten zu können.

Um die Ausstrahlung als attraktive Arbeitgeberin weiter zu festigen, werden wir den Fokus in der Stiftung Waldheim noch stärker auf die Mitarbeitenden richten. Dies aus gutem Grund, denn unser Anspruch ist und bleibt es, allen Klientinnen und Klienten hochwertige und einzigartige Dienstleistungen anzubieten.

Teamgedanken leben

Dies gelingt nur, wenn wir als attraktive und verlässliche Arbeitgeberin die besten Mitarbeitenden langfristig für uns gewinnen können. Deshalb gilt es, eine positive Führungskultur zu verankern, in der die Führungskräfte eine Umgebung schaffen, die von Respekt, Vertrauen, Offenheit und klaren Kommunikationskanälen geprägt ist.

Auf diese Weise wachsen die Mitarbeitenden zu motivierten und engagierten Teams zusammen, die selbstständig mitgestalten und Verantwortung tragen, am gleichen Strick ziehen und die gesteckten Ziele mit vereinten Kräften erreichen. Überdies werden wir der Nachwuchsförderung besondere Priorität schenken, um allfällige Vakanzen mit internen Fachkräften besetzen zu können.

Eine wichtige Rolle spielt auch der traditionelle Mitarbeiteranlass, der in diesem Jahr in Romanshorn direkt am Bodensee stattfand. Er bot die Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen sowie deren Begleitung in einem entspannten und malerischen Umfeld «neu» kennenzulernen. Solche Veranstaltungen stärken nicht nur den Teamgeist, sondern fördern auch die sozialen Beziehungen ausserhalb des Arbeitsalltages.

Mitarbeitervorteile schaffen

Mitarbeitende fördern, begeistern und langfristig binden – wir müssen stetig daran arbeiten, ein gutes Sozialunternehmen zu sein, in dem Menschen ihre Aufgabe mit Freude erfüllen. Dazu gehören, neben einem wertschätzenden Umfeld, vorteilhafte Arbeitsbedingungen, mit denen wir uns von anderen Institutionen unterscheiden. 

So gilt beispielsweise der eigene Geburtstag im wahrsten Sinne des Wortes neu als «Feiertag», bzw. als zusätzlicher Ferientag. Eine Neuerung, die dazu beiträgt, eine gesunde Work-Life-Balance zu erreichen und ausreichend Zeit zur Erholung und Regeneration zu finden. Wichtig dabei ist, dass sich eine derartige Massnahme ohne den Ausbau von zusätzlichen Stellenprozenten verwirklichen lässt.

Ausbilden und fördern

Die Aus- und die Weiterbildung ist für eine professionelle Betreuungsarbeit von zentraler Bedeutung. Die Stiftung Waldheim ist sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst und bildet neben den klassischen Berufsfeldern «Fachperson Betreuung EFZ» und «Sozialpädagoge/pädagogin FH» aktuell auch die Berufe «Fachperson Betriebsunterhalt EFZ» sowie «Koch/Köchin EFZ» aus. 

Organisatorisch haben wir die Ausbildungsverantwortung vom Bereich «Betreuung und Pflege» neu im Bereich «Human Resources» verankert. Dadurch kann die Personalabteilung die Ausbildungsaktivitäten in einen ganzheitlichen Rahmen der Mitarbeiterentwicklung integrieren. Dies umfasst die Identifizierung von Entwicklungsbedarf, die Durchführung von Leistungsbeurteilungen und die Planung von Karrierewegen. So ist sichergestellt, dass die Ausbildung die Ziele und Interessen der Stiftung Waldheim gezielt unterstützt.

Strategische Schwerpunkte setzen

2023 haben wir im Rahmen einer Standortbestimmung die zentralen strategischen Eckpunkte definiert, die uns mit Erfolg in eine anspruchsvolle und komplexer werdende Zukunft leiten werden. 

Die Stiftung Waldheim befindet sich im Spannungsfeld zwischen einem hohen agogischen Anspruch und wirtschaftlicher Rentabilität. Dieser Herausforderung begegnen wir, indem wir effizient arbeiten, den Fokus auf das Wesentliche legen, partnerschaftlich agieren und konsequent in die Lebensqualität der Klientinnen und Klienten investieren. 

Als Kompass hierfür dienen uns sieben neu formulierte strategische Schwerpunkte, die durch eigens gebildete Arbeitsgruppen verantwortet und umgesetzt werden.

Vertrauen rechtgertigen

Als Heimat für Menschen mit Handicap kann die Stiftung Waldheim neben dem Engagement der Mitarbeitenden auch seit nunmehr 80 Jahren auf Freundschaften und die Solidarität grosszügiger Menschen zählen. Spenderinnen und Spender aus der ganzen Schweiz machten und machen mit ihrer Unterstützung das möglich, was die Stiftung Waldheim als Heimat auszeichnet.

Allein im vergangenen Jahr konnten wir mit Spendengeldern unter anderem die Gartenmöblierung beim neu gestalteten Areal des Wohnheims Bellevue sowie die Beschaffung eines weiteren E-Fahrzeuges verwirklichen. Wir möchten uns herzlich bei all denen bedanken, die uns auf unserem Weg begleiten und unterstützen – sei es durch finanzielle Hilfe, ehrenamtliches Engagement oder einfach durch ihr Vertrauen. Gemeinsam gestalten wir eine Welt, in der jeder Mensch die Chance hat, sein volles Potenzial zu entfalten.

Mit einem denkwürdigen Jubiläumsjahr im Rücken blicken wir optimistisch in die Zukunft. Mit vereinten Kräften werden wir weiterhin innovative Projekte initiieren und die Lebensqualität der Klientinnen und Klienten stetig verbessern. 

Wir danken Ihnen allen für Ihre anhaltende Unterstützung, die es uns ermöglicht, unsere Vision und Mission voranzutreiben und eine familiäre Heimat zu schaffen, in der Menschen mit Handicap ein erfülltes, wohlbehütetes und möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. 

Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre fortwährende Unterstützung.

Ueli Graf
Finanzleiter

Die Stiftung Waldheim schliesst das Geschäftsjahr 2023 mit einem negativen Jahresergebnis von CHF 180’407 ab. Den Schwankungsfonds wurden netto CHF 133'239 entnommen; damit sind diese nun aufgebraucht. In die zweckgebundenen und freien Spendenfonds wurden netto CHF 69’966 eingelegt. Ohne diese Fondsbezüge und Fondseinlagen zeigt die Betriebsrechnung 2023 einen Aufwandüberschuss von CHF 243’679.

Für den Stall-Neubau und die Areal-Neugestaltung beim Wohnheim Bellevue, Walzenhausen, wurde bis 31. Dezember 2023 ein Betrag von CHF 2.5 Mio. investiert: 1.6 Mio. im Jahr 2023 und 0.9 Mio. in den Vorjahren 2021/22. Beim Wohnheim Schönenbüel, Teufen wurden CHF 0.5 Mio. in die neue Wärmepumpen-Heiz- und PV-Anlage und beim Wohnheim Krone, Walzenhausen knapp 0.3 Mio. in die Total-Erneuerung der Beleuchtungen sowie der Akustikdecken in den Wohngruppen- Bereichen investiert. Der laufende Baukredit beträgt per 31. Dezember 2023 insgesamt CHF 2 Mio.; resultierend aus 1 Mio. für die Resthypothek «Neubau Wohnheim Sonne», Rehetobel und seit 12. Dezember 2023 1 Mio. für Investitionen beim Wohnheim Bellevue, Walzenhausen.

Das Organisations-Kapital reduzierte sich um CHF 187’413 auf CHF 34’362’785. Dies entspricht einer Eigenkapitalquote von 87%. Die durchschnittliche Jahresauslastungen bzw. Belegungen betragen

  • bei den 203 Wohnheimplätzen: 96,6 %
  • bei den 190 Tagesstrukturplätzen ohne Lohn (ToL): 97,5 %
  • bei den 15 Tagesstrukturplätzen mit Lohn (TmL): 95,4 %

Das Plansoll, welches jeweils der kostendeckenden Tarifkalkulation zugrunde gelegt wird, liegt bei 98,0 % Auslastung. Das Ertragsbudget 2023 wurde um rund CHF 211’000 unterschritten. Die Ertragsbudgets wurden nicht erreicht, weil sich die Belegung wider Erwarten erst ab Juli 2023 markant verbesserte, wie die untenstehende Grafik verdeutlicht. Die Klientenfluktuation 2023 bewegt sich mit einem Plus von 4 im positiven Bereich. 17 Eintritten standen 7 Todesfälle und 6 Austritte gegenüber. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren 12 Eintritte sowie 9 Todesfälle und 4 Austritte und letztlich ein Rückgang von minus 1 zu verzeichnen.

Die Kosten im Griff

Der Personalaufwand landet mit insgesamt CHF 21.35 Mio. um CH 0.25 Mio. unter Budget. Auch beim Sachaufwand, der um CHF 0.2 Mio. unter Budget liegt, zeigt sich, die Stiftung Waldheim eine hohe Kostendisziplin an den Tag legt.

Erfreulich hoher Spendeneingang

Die Spendeneinnahmen betragen für das gesamte Geschäftsjahr CHF 825’076 und übertreffen damit das Vorjahr um CHF 368’869. Dabei ist zusätzlich anzumerken, dass zwei grössere Legate noch nicht vollumfänglich zur Auszahlung kamen. In der Folge wird die Stiftung Waldheim im Jahr 2024 eine Legateauszahlung über den Betrag von rund einer Million Franken erreichen.

An dieser Stelle ist es mir ein grosses Anliegen, allen privaten und institutionellen Spenderinnen und Spendern ein grosses Dankeschön für ihr wertvolles Engagement auszusprechen.